eiterbildungsmaßnahmen mit einem Zertifikatsabschluss werden eine bessere Qualität zugeschrieben. Aber nicht überall wo ein Zertifikat draufsteht ist auch ein nachgewiesener Lernerfolg drinnen.
Wer vor der Entscheidung steht, eine berufliche Weiterbildung zu absolvieren, steht vor der herausfordernden Aufgabe, die Ausschreibungen der verschiedenen Anbieter zu vergleichen und zu beurteilen, ob die jeweilige Maßnahme fachlich und methodisch den Anforderungen des heutigen und zukünftigen Arbeitsmarktes gerecht, und in der Durchführung, gängigen Qualitätserwartungen entsprochen wird.
Zertifikate versus Abschlüsse
Die Inhalte des Beitrags
Eine scheinbare Form der Orientierung geben hier Zertifikate. Die Theorie versteht unter Zertifikaten und Abschlüssen in der beruflichen Weiterbildung Nachweise über erbrachte Lernleistungen. Diese sind mit Prüfungen verbunden und unterscheiden sich demnach von Teilnahmebescheinigungen, die lediglich Auskunft über den Besuch einer Weiterbildungsveranstaltung geben. Während Abschlüsse von offiziellen Stellen ausgestellt werden und oftmals gesetzlichen Regelungen unterliegen, werden Zertifikate auch von privaten Instituten für die Absolvierung von Weiterbildungsmaßnahmen vergeben.
Voraussetzungen an Zertifikate
Peter Faulstich, Leiter des Lehrstuhls Erwachsenenbildung der Universität Hamburg bezeichnet Zertifikate, als „so etwas wie Gütesiegel. Sie sollen die Qualität eines Lernprozesses oder der erreichten Lernprodukte belegen“. Demnach geben Zertifikate Auskunft darüber, dass ihre Träger: benennbare und nachvollziehbare Lerninhalte bearbeitet, durch Noten und ähnliche Klassifikationssysteme nachgewiesene Lernerfolge erzielt, sich über eine bestimmte Zeit Lernanforderungen gestellt, bei bestimmten Personen und Institutionen Prüfungen abgelegt und dabei einen definierten Kontext des Lernens gesucht haben.
Bei einem Blick in den Weiterbildungsmarkt fällt auf, dass der Zertifikatsbegriff in der Praxis nicht so eingesetzt wird, wie die Theorie es vorsieht. Neben zertifizierten Lehrgängen, die von den Teilnehmenden eine Form der Lernerfolgsmessung verlangen (meist in Form von Multiple Choice Tests, Praxisarbeiten etc.), finden sich auch Weiterbildungen, die laut Ausschreibung keinerlei Prüfung erfordern. So verspricht ein Anbieter nach Absolvierung eines zweitägigen Fachseminars ein „Qualifiziertes Teilnahmezertifikat“, ein anderes Institut bietet einen dreitägigen Managementlehrgang mit dem Hinweis „nach erfolgter Teilnahme wird Ihnen ein Zertifikat mit genauer Angabe der gelernten Inhalte ausgestellt“.
Bedeutung für die Karriere
Dass Zertifikate in der beruflichen Weiterbildung für die Teilnehmenden als auch für die Unternehmen eine Bedeutung haben, ist unbestritten. Hierzu gibt es auch empirische Untersuchungen. Bernd Käpplinger zitiert in seinem Buch „Abschlüsse und Zertifikate in der Weiterbildung“ Befragungen des Deutschen Industrie- und Handelskammertags über die Motivation an der Teilnahme abschlussbezogener Weiterbildung: Als Hauptmotiv wird von den Befragten der berufliche Aufstieg (71%) genannt. Jedem zweiten Teilnehmer ist die finanzielle Verbesserung (51%) wichtig. Zusätzlich werden noch als Motive, die Sicherung des Arbeitsplatzes (43,8%) und die bessere Bewältigung beruflicher Aufgaben (33,6%) genannt.
Faulstich und Vespermann von der Uni Hamburg haben den Bereich der zertifizierten IT-Weiterbildungen empirisch untersucht und festgestellt, dass für die Teilnehmer das Vorhandensein einer Prüfung für eine gute Kursqualität steht. Demnach werden Weiterbildungsmaßnahmen mit einem Zertifikatsabschluss gegenüber Kursen mit reiner Teilnahmebestätigung eine bessere Qualität zugeschrieben.
In vielen persönlichen Gesprächen mit Teilnehmenden an zertifizierten Lehrgängen ging hervor, dass die Möglichkeit, Fachwissen und Qualifikationen mit einem Zertifikat bescheinigt zu bekommen, eine große Motivation für die Absolvierung einer zertifizierten beruflichen Weiterbildungsmaßnahme darstellt. Da Zertifikate immer direkt den Personen ausgestellt werden, können diese formalen Bescheinigungen auch bei einem beruflichen Wechsel mitgenommen werden und sichern oder verbessern die Beschäftigungsfähigkeit und Chancen am Arbeitsmarkt.
Bedeutung für Unternehmen
Auch Unternehmen sehen im Rahmen des Recruitings Vorteile in den Dokumenten, für einen Nachweis über Gelerntes. Im ersten Auswahlverfahren belegen Zertifikate erlernte Kompetenzen und dienen damit als Mittel der Unsicherheitsreduktion. Einen großen Einfluss für die Zuschreibung des Wertes des Zertifikats hat die zertifizierende Institution. So haben Faulstich und Vespermann erhoben, dass vor allem das Image und die Bekanntheit der Weiterbildungseinrichtung für HR-Verantwortliche von Bedeutung sind. Qualitative Kriterien, wie z.B. wie gut ist das Zertifikat, welche Benotung liegt vor, wie wird bewertet etc. wurden von den Personalmanagern nicht angeführt.
Der Stellenwert für den Arbeitsmarkt und die Karriere hängt auch stark mit der Bekanntheit und Reichweite der Zertifikate ab. So haben bundesweit tätige Institute Vorteile gegenüber regionalen Anbietern. Auch Kooperationen mit Fachverbänden haben eine Bedeutung für die Anerkennung in der Wirtschaft. Bei vielen privaten Weiterbildungsinstitutionen finden sich auch zertifizierte Maßnahmen, die in Kooperation mit einer Fachhochschule durchgeführt werden. Hierbei soll durch die Mitwirkung der öffentlichen Institution die Legitimität sichergestellt, sowie die Akzeptanz und der Stellenwert des Zertifikates erhöht werden.
Weitere Untersuchungserkenntnisse besagen, dass Zertifikate eher bei der Personalauswahl und weniger bei der Personalentwicklung von Interesse für die Unternehmen sind. Der Grund mag darin liegen, dass Mitarbeiter mit Zertifikaten auch für andere Betriebe interessant sind, und sich die Investition in die Weiterbildung möglicherweise für ein anderes Unternehmen auszahlt.
In der betrieblichen Praxis schließen Unternehmen daher bei kosten- und zeitintensiven Weiterbildungen mit ihren Mitarbeitern Ausbildungsvereinbarungen ab, die im Falle des vorzeitigen Ausscheidens des Mitarbeiters aus der Organisation, die Rückzahlung in Form von aliquoten Teilbeträgen der Weiterbildungsinvestitionen sicherstellen. Damit sichern sich Unternehmen ab und ermöglichen dennoch ihren Mitarbeitern anerkannte zertifizierte Weiterbildungen.
Kriterien für die Auswahl
Trotz oder gerade wegen der Bedeutung von nachgewiesen Qualifikationen für den Weiterbildungswilligen und das Unternehmen, stellt sich die Frage, welche Kriterien für die Auswahl der geeigneten Maßnahme herangezogen werden sollten. Gerade längerfristige und kostenintensive Weiterbildungen benötigen fundierte Entscheidungen, die an Kriterien der Qualität festgemacht werden sollten.
Text: Andrea Jindra – Dieser Beitrag ist auch erschienen im Such- und Informationsportal für berufliche Weiterbildung und Personalentwicklung Weiterbildungsmarkt.at
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Über die Autorin:
Mag. Andrea Jindra ist Trainerin, Beraterin und Coach mit den Coaching-Schwerpunkten auf Karrierecoaching und berufliche Entwicklung in Wien.