Soziale Netzwerke fließen langsam, aber sicher in die Personalauswahl ein. Ein professioneller Auftritt in den richtigen Business-Networking-Portalen kann die eigene Kompetenz unterstützen – wenn man es richtig macht.
Gleich vorweg: Jobinteressenten brauchen vor der Überprüfung ihrer Online-Reputation keine Angst zu haben. Personalchefs und Personalberater vertrauen immer noch maßgeblich den klassischen Recruitingmethoden. Aber: Ein professioneller Auftritt in den richtigen Business-Networking-Portalen kann die Darstellung der eigenen Kompetenz unterstützen – wenn man sich an gewisse Spielregeln hält.
Mit Hilfe von Xing, Facebook oder Twitter suchen Unternehmen verstärkt den Zugang zu Bewerberzielgruppen. Dabei steht das Thema „Employer Branding“ im Vordergrund. So soll ein positives Image des potenziellen Arbeitgebers vor allem jungen Talenten gegenüber aufgebaut werden. Mit Unternehmensprofilen, Blogs und Live-Streamings im Web 2.0 wollen Unternehmen auf sich aufmerksam machen und die zukünftig am Arbeitsmarkt rare Spezies der High Potentials für sich gewinnen.
Im Recruiting ist Web 2.0 aber nach wie vor ein kleiner Baustein im Gesamtprozess. Obwohl sich Experten einig sind, dass die Social-Media- Portale zukünftig an Bedeutung gewinnen werden, wird in der gängigen Recruitingpraxis überwiegend noch immer auf Bewerbungsunterlagen, das persönliche, strukturierte Bewerbungsgespräch und selbst eingeholte Referenzen gesetzt. Wie sich Bewerber im Web präsentieren und welche Datenspur sie hinterlassen, wird von Recruitern in Unternehmen lediglich bei den Kandidaten überprüft, die in der engeren Wahl für eine Position sind oder bei Stellen, die Kundenkontakt erfordern.
Beruf und Privat trennen
Die Inhalte des Beitrags
Da Zeit im Personalsuchprozess einen entscheidenden Faktor darstellt, wird für das Einholen einer Online-Reputation als Quelle hauptsächlich das Profil des Bewerbers auf dem Business-Networking-Portal Xing angesehen. Facebook wird von den Personalmanagern mehr als Privatangelegenheit eingestuft. Da geschäftliche und private Belange nach wie vor strikt getrennt werden, haben Profile auf diesem Social-Networking-Portal keine besondere Bedeutung im Entscheidungsprozess.
Philipp Huber, Director Human Resources der TSystems Austria: „Im klassischen Recruiting gibt es Fragen, beispielsweise nach der politischen, religiösen oder sexuellen Orientierung, die wir nicht stellen dürfen. Soziale Netzwerke, wie Facebook machen diese Ansichten und Neigungen sichtbarer. Für Recruiter stellt sich damit die Frage, wie sie mit diesen Informationen dann umgehen.“ Evelin Mayr, Director Human Resources und Member of the Board von Hewlett Packard, stellt eine durchaus unterschiedliche Nutzungsqualität der Plattformen fest: „Während der Umgang mit Facebook vor allem bei jüngeren Kollegen noch sehr unkritisch erfolgt, wissen die meisten Xing-Nutzer bereits, dass dieses Portal den Business-Kontext abbildet. Dieser Bereich ist wie eine Visitenkarte, die sich jeder selbst gestalten kann.“ Besonders positiv bewertet wird, „wenn Authentizität besteht und der CV mit dem virtuellen Profil und der realen Person übereinstimmt“, meint Fiona Coleman, Leiterin Recruiting und Personalmarketing beim Verbund. Dabei soll der virtuelle Auftritt in Social-Media-Portalen professionell erfolgen, mit überlegten Texten, einem guten Businessfoto und korrekten Daten. „Wir gleichen die Daten auch mit dem Lebenslauf und anderen Plattformen ab. Gibt es Abweichungen und fehlende Konsistenz, so führt das zu Spekulationen“, erklärt Margareta Holz, Leiterin Recruiting Services bei Deloitte Human Capital. Daher empfiehlt Evelin Mayr Bewerbern, „gut im Vorfeld zu überlegen, was im Web 2.0 kommuniziert oder gepostet werden soll, denn oft ist weniger mehr“. Auch ein stärkeres Bewusstsein im Bereich Privatsphäre ist durchaus angebracht. „Dabei sollte jeder Nutzer überlegen, was andere sehen dürfen und was nicht. Da mittlerweile auch verdeckte Identitäten zu knacken sind, wäre ein reflektierter Umgang besonders wichtig“, ergänzt Mayr.
Nicht jeder Kontakt zählt
Besonders kritisch hinterfragt wird von Personalmanagern das Sammeln von Kontakten. „Hat jemand auf Xing zweitausend oder mehr Kontakte, so schauen wir uns das genauer an, wie nutzbar die Kontakte wirklich sind und hinterfragen das Thema im persönlichen Gespräch“, beschreibt T-Systems Austria Manager Huber. Oftmals handele es sich dabei auch um Personen, die bereits vor dem Bewerbungsgespräch den Recruiter in die Kontaktliste hinzufügen wollen. „Das nötige Distanzgefühl zwischen Recruiter und Bewerber geht mit dem Web 2.0 immer mehr verloren“, meint Huber. Auch Fiona Coleman rät zu einer gewissen Selektion bei der Angabe von Kontakten: „Beim Networking über Xing geht es nicht um das wahllose Verteilen von Visitenkarten. Wenn wir von Bewerbern Kontaktanfragen erhalten, hinterfragen wir, ob es um echtes Interesse an unserem Unternehmen und Geschäftsbeziehungen, oder rein um das Sammeln von Kontakten geht.“ Allerdings werden weniger die Kontaktlisten der Bewerber selbst von den Personalexperten ins Visier genommen, sondern eher geprüft, ob es bereits gemeinsame Kontakte gibt. Auch die Interessensgruppen auf Xing und Einträge der Kandidaten in Foren spielen im Recruitingprozess praktisch keine Rolle. Philipp Huber sieht das ganze pragmatisch: „Der Webscreen dauert vielleicht zehn Minuten pro Kandidat. Eine Überprüfung von persönlichen Interessen, die dann gar nichts mit der ausgeschriebenen Position zu tun haben, geht zuviel in Richtung C.S.I. Miami.“
„Allerdings dient der Screenig-Prozess sehr wohl zu einer Absicherung im Entscheidungsfindungsprozess“, weiß Margareta Holz. „Wir überprüfen die Bewerber mit den wichtigsten Suchmaschinen, Google, Yahoo, 123.people.com und Bing. Ziel der Suche ist es, die im Stellenprofil gesuchten Anforderungen zu finden und zu bestätigen, was im CV steht. Finden wir das nicht, konfrontieren wir den Bewerber damit. Stoßen wir aber auf fachlich einschlägige Themen, wo der Kandidat auch dabei war, dann unterstreicht das nochmals seine Kompetenz.“ Auf jeden Fall empfiehlt die Personalberaterin Bewerbern, sich regelmäßig selbst mittels Suchmaschinen und auch mit der Bildersuche zu screenen, um selber einen besseren Eindruck zu bekommen.
Webhunting nimmt zu
Eine Entwicklung, die sich bereits jetzt durch die verstärkte Nutzung von Business-Networking-Portalen zeigt, ist die Reduktion des Headhunting-Aufwands bei Personalberatern. Das oftmals mühevolle Recherchieren von Positionsinhabern in Unternehmen wird durch die Transparenz und einfache Suchfunktionen in Business Portalen abgelöst. „Webhunting von Unternehmen in eigener Sache nimmt zu. Die Hürde, E-Mails zu schicken, fällt leichter als früher“, meint Margareta Holz. Auch wenn die Ausschöpfung der Potenziale mit den Social-Media-Portalen im Recruiting oft noch in den Kinderschuhen steckt, gibt es mittlerweile gute virtuelle Plattformen für das Webhunting. „Man muss nur wissen, wo man die Zielgruppen trifft“, meint Margareta Holz. „Bei Xing finden wir Spezialisten und Führungskräfte für den kaufmännischen Bereich, Banken, Beratung, IT und Vertrieb.“ Allerdings: Führungskräfte, die in ihrer Karriere schon einiges erreicht haben und keinen unmittelbaren Nutzen für sich sehen, sind oft eher schwer zu bewegen, ihr Profil in eines der Portale zu stellen. Ist jemand gar nicht im Web vertreten, wird das dennoch akzeptiert. HP-Managerin Mayr: „Es hängt natürlich vom Job ab, aber es ist kein Muss. Es ist als eine höchstpersönliche Entscheidung zu respektieren, wenn jemand seine Privatsphäre schützen möchte.“
Geht es allerdings um das Gefundenwerden, so führt heutzutage nichts an einem professionellen virtuellen Auftritt in einem der gängigen Business-Networking-Portale vorbei. Margareta Holz bemerkt pragmatisch: „Wenn man mit einer Suche im Web 80 Prozent erreicht, warum sollte man dann mit mühsamen Maßnahmen die letzten 20 Prozent auf sich nehmen, wenn das Ergebnis schon passt und man damit zufrieden ist?“ Angesichts dessen macht es also durchaus Sinn, sich intensiv Gedanken über seine eigene virtuelle Visitenkarte zu machen.
(Erschienen in SUCCEED 03/10) – Text Andrea Jindra
Den Beitrag „Finden und gefunden werden“ gibt es auch als Download auf der Seite von Die BILDUNGSMANAGER.
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Über die Autorin:
Mag. Andrea Jindra ist Trainerin, Beraterin und Coach mit den Coaching-Schwerpunkten auf Karrierecoaching und berufliche Entwicklung in Wien.